Zelte im Wald

Ein Mai ohne uns

Foto
Jenny Schäfer
Text
Steffi

Es ist der letzte Sonntag im Mai. Ein Sonntag, der uns wieder ohne Mückenstiche, Sommersprossen und neue Ohrwürmer in den Juni entlässt. Keine Vermissung bei Abfahrt, dafür umso größere Sehnsucht nach der Zeit am Bürgerseeweg. Vor mehr als 730 Tagen haben wir uns zuletzt in Neustrelitz stolpernd zwischen Zelten, Komposttoiletten und Melodien tief in die Herzen geblickt und das Immergut Festival gefeiert. Wie dieses Wochenende den Beginn einer Fernbeziehung markierte, ahnten wir natürlich alle nicht. Wer lauscht den Birken beim Rascheln, wer singt leise Wonderwall in die Nacht und tanzt zwischen Staub, Unvernunft und Sonnenbrand? Es ist der letzte Sonntag im Mai und wir erinnern uns schon wieder nicht an ein gerade zu Ende gegangenes Immergut Festival. So schnell die Zeit vergeht, so schnell wächst auch der Berg des Verpassten. Wir hoffen, es geht euch gut. Alles überstanden, Mut und Zuversicht nicht verloren. Zwischendurch auch mal gelacht, geweint, weil es befreit und festgehalten an all den Dingen, die unseren Alltag erhellen. Gläschen erhoben und die Masken nie vergessen. Was für eine Zeit. Es ist der letzte Sonntag im Mai und wir schreiben diese Zeilen, weil wir natürlich trotzdem an all das denken, was wir gerade nicht haben. So ein Mai ohne Immergut ist hart. An so einem Sonntag würde jetzt folgendes geschehen: viel Verabschieden, Bars abbauen, Löschtonnen leeren und einsammeln, unsere Küche wird abgeholt, die Handtücher werden von den Bühnen gesammelt, Beschilderungen kommen ab, Gestaltung wird abgebaut, Flatterband wird weggeflattert, der Kiosk wird ausgeräumt, die Zeltbühne gefegt, der Bauzaun kommt weg und die Reste kommen auf den Grill. Erstaunlicherweise gibt es am Sonntag nach dem Festival immer noch Energie. Keine 100%, aber was fehlt, wird mit Irrsinn ausgeglichen und zusammen weggelacht. Haben wir vor wenigen Stunden nicht noch zu Urlaub in Italien getanzt und das Bändchen um unser aller Handgelenk sah frisch gebügelt aus? Und während ihr jetzt auf dem  Weg nach Hause seid oder zum nächsten Festival weiterfahrt, noch ein paar Tage in der Seenplatte verbringt oder den Urlaub in Italien einfach wahr macht, staunen wir über die letzten Tage Festival und alles, was mit ihnen möglich wurde: das beste Hobby der Welt. Es ist der letzte Sonntag im Mai, der uns seit vielen Jahren so viel bedeutet, Ende und Anfang für immer. Ein wenig das Murmeltier des immergutrocken e.V. – ein Festival abgebaut, schon an das nächste gedacht. Inzwischen denken wir ganz schön lange an das nächste Immergut. Mehr als 730 Tage Sehnsucht. Mehr als 730 Tage fester Glaube und Wille, das zurückzubringen, was uns alle eint. An diesem festivallosen Sonntag schauen wir in unsere Fotoarchive, bekommen automatische Rückblicke präsentiert, trinken unseren Kaffee einmal mehr aus der Immergut Emailletasse und hoffen, dass die Sonne bei euch scheint. Im letzten Jahr haben wir naiv ahnungslos gefragt Was ist jetzt?, ohne zu ahnen, wie treffend dieses Motto diesen unangenehm langen Zeitraum bis zum nächsten Immergut Festival füllen würde. Nun stellen wir uns die Frage nicht mehr, sondern sind uns sicher, wir alle wollen unsere (neue) Normalität zurück und sagen Willkommen im Klub! – je mehr Zeit vergeht, je mehr die Sonne scheint, je mehr Zahlen besser werden und Quoten steigen, desto mehr wagen wir zu hoffen. Desto zuversichtlicher werden wir, dass wir uns nun aber wirklich wiedersehen. Wenn vom 26. bis 28. August in Neustrelitz ein kleines Immergut Festival erlebbar gemacht wird, dann mit lautem Wonderwall in der Nacht und ungelenken Tanzschritten (einfach verlernt, ist so). Dann aber Anbaden bei Seite, die Saison ist längst eröffnet. Pommessoße im Mundwinkel und es ist egal, weil das Leben ruft und es alles viel zu schön ist. Klatschen für die Leidenschaft, für alles Verpasste und Überstandene. Wenn die Freude über und die Liebe zur Musik und Popkultur in unseren Augen glänzt, dann ist endlich wieder alles (immer)gut.

Heute ist der letzte Sonntag im Mai und verdammt nochmal: Immergut, wir vermissen dich!